Ottonova Private Krankenversicherung für Beamte: Vor- und Nachteile

Die Ottonova ist eine der jüngsten Versicherungsgesellschaften am Markt und agiert komplett digital. Das wirft einige Fragen auf: Kann die Private Krankenversicherung eines rein digitalen Versicherers mit den Leistungen und dem Service anderer mithalten? Wie schneiden die PKV Tarife der Ottonova im Vergleich ab und was leisten die Beamtentarife?

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Fakten zur Ottonova Krankenversicherung: Wer steckt dahinter?

Die Ottonova wurde 2015 von dem Mediziner Dr. Roman Rittweger, dem Designer Sebastian Scheerer sowie dem Informatiker Frank Birzle gegründet. Die Ottonova Krankenversicherung AG hat ihren Firmensitz in München. Als Privater Krankenversicherer bietet das junge Unternehmen neben der Vollversicherung für Angestellte und Selbstständige auch spezielle Beihilfetarife für Beamte und Beamtenanwärter an. Hauptinvestor ist übrigens die Debeka – Deutschlands größte Private Krankenversicherung und bekanntester Beamtenversicherer.

Ottonova Private Krankenversicherung: Tarife, Preise und Leistungen im Vergleich

Wie in der Privaten Krankenversicherung (PKV) üblich, bietet die Ottonova verschiedene Tarife mit unterschiedlichem Leistungsumfang: So können auch Beamte wählen zwischen dem günstigsten Tarif „Basis24“, dem mittleren „Komfort24“ und dem teuersten Tarif „Premium24“. Preislich liegen die Beiträge für die verschiedenen Beamtentarife jedoch gar nicht so weit auseinander. Die Kosten für die PKV sind im Verhältnis zu den Leistungen angemessen: Die Leistungskataloge können wir durchaus als solide bewerten. An einigen wichtigen Stellen gibt es allerdings noch Optimierungsbedarf:

Privaten Krankenversicherung: Schwachstellen der Ottonova

  1. Gerade bei den Leistungen für Hilfsmittel (wie z.B. Bandagen, orthopädische Schuhe, Einlagen, Prothesen, Krankenfahrstuhl etc.) ist noch viel Luft nach oben: Erstattet werden 100 % der versicherten Tarifprozentstufe, wenn ein Hilfsmittel maximal 1000 Euro kostet. Ist der Preis höher, musst du dieses direkt über die Ottonova Krankenversicherung beziehen – ansonsten werden dir nur 75 % der Kosten erstattet. Hilfsmittel wie Krankenfahrstühle oder Prothesen liegen locker mal im fünfstelligen Bereich – 25 % der Kosten sind also alles andere als Peanuts. Doch an diesen „Umweg“ im akuten Leistungsfall zu denken – sei es in der Klinik nach einem Unfall oder 15 Jahre nach Vertragsabschluss – ist in der Praxis schwierig. Es gibt zwar auch andere Versicherer, die ähnlich vorgehen, ist aber nicht die Regel. Ein wichtiger Punkt, in dem sich ein PKV Vergleich lohnt.
  2. Auch im besten „Premium Tarif“ der PKV für Beamte sind die Höchstgrenzen für einige Leistungen viel zu niedrig angesetzt: Hörhilfen werden von der Krankenversicherung nur bis 1.500 Euro pro Ohr erstattet. Für Behandlungen bei Heilpraktikern, also Osteopathie, Chiropraktik, Naturheilverfahren etc., werden maximal 1000 Euro im Jahr übernommen – einschließlich Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel. Gerade mit Blick auf den medizinischen Fortschritt, die Spezialisierung der Fachkräfte und die Inflation, liegen die genannten Punkte weit unter einem guten Standard. Vergleicht man den besten PKV Tarif der Ottonova mit den „Premium-Tarifen“ anderer Krankenversicherer, bekommt man deutlich weniger Erstattungen.
  3. Bei stationären Klinikaufenthalten gibt es in der Privaten Krankenversicherung der Ottonova Höchstsatzbegrenzungen für Laborleistungen, technische und ärztliche Leistungen. Besonders qualifizierte Ärzte, z.B. Chefärzte oder Spezialisten, können jedoch Gebühren verlangen, die über dem Höchstsatz der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) liegen. Zahlt die PKV also nur bis zum Höchstsatz, muss der Versicherte anfallende Mehrkosten in diesem Fall selbst tragen.
  4. Für stationäre und ambulante Reha-Maßnahmen, Kuren oder Sanatoriumsbehandlungen werden – je nach Tarif – maximal 1000 bzw. 1500 Euro innerhalb von 10 Versicherungsjahren übernommen. Zum Vergleich: Andere Private Krankenversicherer zahlen (natürlich abhängig vom PKV Tarif) bis zu vier Wochen 200 Euro pro Kurtag.
  5. Keine Beitragsrückerstattung! Die bekommt man bei einigen Versicherern, wenn man über einen festgelegten Zeitraum nur wenige oder keine Leistungen bei seiner Krankenversicherung eingereicht hat. Da die Ottonova als Privater Krankenversicherer finanziell noch nicht so gut aufgestellt ist und keine Gewinne macht, gibt es aktuell keine Beitragsrückerstattungen für Beamte in der PKV.
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Wie innovativ ist die PKV der Ottonova wirklich?

Auf der Suche nach einer Privaten Krankenversicherung bist du vermutlich schon oft über Werbung der Ottonova gestolpert. Das Versicherungsunternehmen ist 2015 an den Markt gekommen und somit der jüngste Anbieter für Private Krankenversicherungen. Genauso jung ist die Zielgruppe der Ottonova – Deswegen kommt man vor allem in den sozialen Medien kaum an ihrer starken Online-Präsenz vorbei.

Das Versprechen hinter der, zugegeben richtig guten Marketingstrategie: Lästige Versicherungsangelegenheiten lassen sich unbürokratisch, schnell und digital erledigen. Papierkram ade. Dabei werden alle Services so kommuniziert, als würde die Ottonova das Versicherungsgeschäft revolutionieren. Doch die meisten Punkte sind – im Vergleich mit anderen Privaten Krankenversicherern – gar nicht so innovativ wie sie im ersten Moment klingen.

Ottonova: Die digitale Krankenversicherung

Keine Frage, die Ottonova präsentiert sich als Versicherer am Puls der Zeit: Sprechstunden beim Arzt per Video-Call, Einreichung der Rechnungen einfach per App, Rund-um-die-Uhr-Betreuung und eine digitale Aktentasche, die alle wichtigen Dokumente übersichtlich ordnet. Hier einmal die Vorteile, mit denen das Versicherungsunternehmen auf seinen Kanälen wirbt. Und unsere Bewertung.

Vorteile der Privaten Krankenversicherung der Ottonova

1. Keine Öffnungszeiten – 24/7 erreichbar
Die Kunden sollen vom digitalen Service des Versicherers profitieren, der sich jederzeit erreichbar gibt: „24/7 Beratung von medizinisch ausgebildeten Mitarbeitern – per Telefon oder Chat“ heißt es auf der Webseite. Natürlich können und sollen alle Versicherungsangelegenheiten über die App abgewickelt werden. Rechnungen und Dokumente kann man 24/7 hochladen und einsehen. Persönliche Anliegen und Fragen direkt in der App über den Chat stellen. Das große ABER: Auch der Kundenservice der Ottonova ist „nur“ wochentags von 8 bis 18 Uhr erreichbar. Ab Freitagabend schaltet sich ein Dienstleister dazwischen, der die Anfragen montags weiterleitet.

2. Rechnungen in der App hochladen
Die Ottonova wirbt groß damit, dass du deine Rechnungen direkt per Foto in die App hochladen und dir somit das Porto und den Gang zur Post sparen kannst. Doch sind wir mal ehrlich: Nahezu jede private Krankenversicherung hat eine App und bietet dir die Möglichkeit, Rechnungen einfach zu fotografieren und digital einzureichen.

3. Digitale Krankenakte
In deinem digitalen Aktenordner werden all deine Arztrechnungen, Arztbesuche, Krankschreibungen und Dokumente chronologisch aufgeführt. Die Zettelwirtschaft daheim entfällt und du hast deine wichtigen Unterlagen jederzeit griffbereit auf deinem Smartphone. Diese digitale Übersicht bieten allerdings auch die anderen Versicherungsunternehmen am Markt – also nicht wirklich revolutionär.

4. Schnellere Erstattungen der Arztrechnungen
Auch in diesem Punkt verweist die Ottonova auf ihre schnellen, digitalisierten Prozesse. Lädst du die Arztrechnung direkt in der App hoch, sollst du den eingereichten Betrag innerhalb von 48 Stunden erstattet bekommen. Der sogenannte Vorteil: Du musst du nicht in Vorkasse treten und ewig warten, bis das Geld von deiner Krankenversicherung wieder auf deinem Konto landet. Aber da können die meisten Privaten Krankenversicherer in Deutschland mithalten. In der Regel wird das Geld in wenigen Tagen erstattet, sodass auch hier keine Vorkasse nötig ist.

5. Videosprechstunde beim Arzt
Ein weiterer aufgeführter Vorteil, der – wenn es so einfach wäre – ein echter Mehrwert der Ottonova ist: Du musst dich im Krankheitsfall nicht zum Arzt schleppen und stundenlang im Wartezimmer mit anderen Patienten ausharren. Stattdessen kannst du einem verfügbaren Arzt im Video-Call deine Symptome schildern. Diagnosen, Rezepte und Krankschreibungen gibt es anschließend schnell und unkompliziert über die App. Das würde ungemein viel Zeit und Nerven sparen.

Leider lässt sich das in der Realität so oft nicht umsetzen. Der deutsche Gesetzgeber verbietet sogenannte Fernbehandlungen. Ferndiagnosen sind zwar seit Ende 2021 erlaubt, aber nur, Zitat: „…wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.“ Doch an genau diesen Standards fehlt es. Bis Deutschland in der Telemedizin so weit ist (wie beispielsweise die Schweiz), werden wohl noch Jahre ins Land ziehen.

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Nachteile und Risiken einer PKV bei der Ottonova

Anzahl der Vollversicherten noch sehr gering

Die Risiken auf Seiten des Unternehmens sind enorm. Sich als neue und junge Versicherungsgesellschaft am Markt zu etablieren, ist nicht einfach. Gerade in der Privaten Krankenversicherung ist die Wechselbereitschaft der Kunden nicht sonderlich hoch. Versicherte, die bereits fünf Jahre und länger privat versichert sind, erwarten in der Regel nur Nachteile bei einem Wechsel: Durch das höhere Eintrittsalter steigen die Beiträge in der PKV und auch mögliche Vorerkrankungen wirken sich negativ auf die Prämien aus.

Die Zielgruppe sind also klar die Neukunden in der PKV wie Beamtenanwärter und junge Beamte. Diese Zahlen sind jedoch seit einigen Jahren rückläufig. Folglich ist der Anteil der Vollversicherten bei der Ottonova noch sehr gering. Der Großteil ihrer Kunden hat kleine Zusatzversicherungen, wie z.B. eine Zahnzusatzversicherung, abgeschlossen. Obwohl die Debeka – die größte private Krankenversicherung in Deutschland — mit 10 Prozent beteiligt ist: Das junge Versicherungsunternehmen ist noch weit von einem wirtschaftlichen Plus entfernt. Das ist nicht ungewöhnlich und soll nicht negativ ausgelegt werden: Sich auf dem Markt erfolgreich zu etablieren, dauert ein paar Jahre. Besonders im Bereich der Beamtenversicherungen. Dennoch kann man an dieser Stelle keine Prognosen für den erfolgreichen Bestand am Markt oder die Beitragsstabilität abgeben.

Keine Bewertung der Beitragsstabilität der PKV möglich

Da die Ottonova erst seit Ende 2015 am Markt ist, kann man keinerlei Aussagen zur Beitragsstabilität machen. Bei den „alten“ Privaten Krankenversicherern können wir die Entwicklung über 10, 20 und 30 Jahre zurückverfolgen und bewerten, wie sauber die Beitragsverläufe sind – auch speziell in den Beamtentarifen. Dementsprechend lässt sich besser einschätzen, wann und in welcher Höhe mit Beitragsanpassungen zu rechnen ist. Die Gründe dafür, dass Ottonova bisher keine Betragserhöhung vorgenommen hat, liegen auf der Hand:

  1. Aufgrund der kurzen Zeit am Markt.
  2. Da Neukunden wie Beamtenanwärter und Beamte auf Widerruf oder Probe die Zielgruppe sind und die Annahmepolitik recht streng ist, sind die Versicherten vergleichsweise jung und gesund. Die wenigsten werden zum jetzigen Zeitpunkt teure Leistungen in Anspruch nehmen.
  3. Der Versicherer wirbt groß mit „stabilen Beiträgen“. Aus marketingtechnischen Gründen würde eine Beitragserhöhung also einen absoluten Genickbruch bedeuten.

Kaum Erfahrungen mit der PKV der Ottonova

Schaut man sich die Bewertungen und Erfahrungen der Kunden in den Bewertungsportalen wie Trustpilot an, fallen zwei Dinge ins Auge:

1. Die Meinungen gehen sehr stark auseinander.
70 Prozent bewerten die Ottonova mit „Hervorragend“, aber immerhin 21 Prozent mit „Ungenügend“ (Stand März 2023). Dazwischen passiert nicht besonders viel. Hinzu kommt die Tatsache, dass Kunden mit negativen Erfahrungen eher dazu tendieren und sich die Mühe zu machen, offizielle Bewertungen im Netz zu hinterlassen.

2. Die Anzahl der Bewertungen ist gering und nicht repräsentativ.
Man muss bedenken, dass die Ottonova bisher nur einen kleinen Kundenstamm hat, der dazu im Vergleich überdurchschnittlich jung und gesund ist. Diese Versicherten haben höchstwahrscheinlich noch wenig Erfahrungen sammeln können wie ihr Versicherer bei größeren Gebrechen und im extremen Schadensfall reagiert. Außerdem ist der Anteil der Vollversicherten und Beamten in den Bewertungsportalen zu gering, um glaubhafte Erfahrungswerte für PKV zu gewinnen.

Fazit: Die Private Krankenversicherung der Ottonova im Vergleich

Wie schneidet also die Ottonova im PKV Vergleich ab? Die genannten Vorteile sind – wenn man ehrlich ist – keine wirklichen Vorteile gegenüber anderen Privaten Krankenversicherungen. Was die Ottonova richtig gut macht: Informationen und Prozesse für jedermann simpel und verständlich kommunizieren. Da können sich viele Versicherer eine Scheibe von abschneiden. Das Leistungspaket ist im Versicherungsvergleich okay für die Preisgestaltung. Es gibt auf jeden Fall qualitativ bessere PKV-Tarife für Beamte, die im Gegenzug monatlich etwas höhere Beiträge verlangen.

Der größte Knackpunkt ist jedoch die Ungewissheit: Wo wird die Versicherungsgesellschaft in den nächsten 10, 20 und 30 Jahren stehen? Wie werden sich die PKV-Beiträge entwickeln, wenn die heute privat Versicherten älter und kränker werden? Und nicht zuletzt: Wie verhält sich die Ottonova, wenn es mal richtig teurer wird? Hier fehlen definitiv Erfahrungswerte.

Spielst du mit dem Gedanken, eine PKV bei der Ottonova abzuschließen, beraten wir dich gerne ausführlicher. Wir wägen alle Vorteile und Nachteile genauestens ab und machen den direkten Preisvergleich mit gleich- und höherwertigen Tarifen anderer Versicherer.