Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung: Als Kassenpatient privat behandeln lassen

Kann ich als gesetzlich Versicherter beim Arzt und im Krankenhaus wie ein Privatpatient behandelt werden? Das ist möglich: Über eine Zusatzversicherung und das sogenannte Kostenerstattungsprinzip kann man trotz GKV von den Privilegien eines Privatpatienten profitieren. Ob und wie sehr sich das Prinzip der Kostenerstattung lohnt, hängt dabei jedoch maßgeblich von der gewählten Gesellschaft und dem Tarif ab.

Wie die Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenkasse funktioniert und nützliche Tipps für Kassenpatienten

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Gesetzlich Versicherte können sich in der GKV aktiv für das Kostenerstattungsprinzip entscheiden und dadurch beim Arzt den Status eines Privatpatienten erhalten.
  • Das Kostenerstattungsverfahren sieht vor, dass der Patient für Arztbesuche und Behandlungen eine private Rechnung erhält, welche bei der Krankenversicherung eingereicht werden.
  • Da bei Privatpatienten die Arzthonorare über die Gebührenordnung geregelt werden und weitaus höher ausfallen als die GKV erstattet, ist eine Zusatzversicherung nötig. 

Gesetzlich versichert wie Privatpatient behandelt werden – dank Kostenerstattungsprinzip

In Deutschland ist leider Realität, dass unser Gesundheitssystem eine Zwei-Klassen-Medizin begünstigt. Nicht verwunderlich, dass man als gesetzlich Versicherter manchmal lieber Privatpatient wäre – sei es bei der schnelleren Terminvergabe, bei der freien Facharztwahl oder bei der komfortableren Versorgung im Krankenhaus. Doch ist man weder verbeamtet noch selbstständig, muss man als Angestellter im Jahr 2024 mindestens 69.300 Euro im Jahr verdienen, um sich frei zwischen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Privaten Krankenversicherung (PKV) entscheiden zu dürfen. Diese Beitragsbemessungsgrenze – auch als Versicherungspflichtgrenze bekannt – wurde im letzten Jahr noch mal stark angehoben. Den Status eines Privatpatienten zu erlangen, scheint damit für viele Angestellte unerreichbar. Doch was viele nicht wissen: Das Prinzip der Kostenerstattung der gesetzlichen Krankenkassen macht genau das möglich.

Was ist das Kostenerstattungsprinzip in der GKV? 

Für gesetzlich Versicherte „Kassenpatienten“ gilt im Normalfall das Sachleistungsprinzip. Das bedeutet, die Ärzte rechnen die medizinischen Behandlungen direkt mit der jeweiligen Krankenkasse ab und nicht mit dem Patienten. Nachteil des Sachleistungsprinzips: Die gesetzlichen Krankenkassen schreiben mit ihrem Leistungskatalog vor, wie der Patient versorgt werden soll. Die Regelung laut Bundesministeriums für Gesundheit besagt, dass die Kassenleistungen „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein müssen und die Behandlung „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf“. Gewiss, dass man bei dieser Regelung nicht die bestmögliche medizinische Versorgung erwarten kann. 
 
Das Prinzip Kostenerstattung muss man als Versicherter mit seiner gesetzlichen Krankenkasse ausdrücklich, in der Regel schriftlich oder telefonisch beantragen. Hat man das Kostenerstattungsprinzip gewählt, gibt man diese Info bei der Terminvergabe und Anmeldung in der Arztpraxis an und erhält damit den Status eines Privatpatienten. Als Privatpatient kann man schließlich alle medizinischen Leistungen in Anspruch nehmen, die über die eingeschränkten Regelleistungen der gesetzlichen Kasse und das „wirtschaftliche Maß des Notwendigen“ hinausgehen. Zweifellos ein großer Vorteil, denn für Privatpatienten gilt, dass die Leistungen erbracht werden, „die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind“. Dadurch können eine umfassendere und qualitativ hochwertigere medizinische Versorgung genau wie innovative Heilmethoden angeboten werden.
 
Beim Kostenerstattungsprinzip wird der Patient zwar als „Selbstzahler“ verbucht, das heißt aber natürlich nicht, dass man seine Arztrechnungen erstmal selbst bezahlen muss. Ein großer Irrtum, den viele zunächst annehmen. Die privat ausgestellten Rechnungen werden nur vom Patienten selbst bei seiner Krankenversicherung eingereicht. Daraufhin erstattet die gesetzliche Krankenkasse den Betrag bis maximal zu der Höhe, den sie auch bei Anwendung des Sachleistungsprinzips geleistet hätte. Für die Verwaltungskosten kann sie bis zu fünf Prozent vom Erstattungsbetrag abziehen – je nach Krankenkasse. (Gerne sind wir bei der Wahl der passenden GKV behilflich.) Da man nun als Privatpatient gilt, erhält man natürlich die vollumfängliche und hochwertigere medizinische Versorgung. Daher stehen Ärzte in der Pflicht, ihre Patienten vor der Behandlung aufzuklären, inwieweit die Leistungen über die der gesetzlichen Krankenkasse hinausgehen und welche der Versicherte selbst zahlen muss. In jedem Fall ist es absolut sinnvoll, diese Leistungen über eine Zusatzversicherung abzusichern (siehe unten). 
 
Entscheidet man sich für das Verfahren der Kostenerstattung läuft dieses mindestens über drei Monate und kann für alle medizinischen Leistungen in der Gesundheitsversorgung, nur für einen oder für mehrere Leistungsbereiche gewählt werden: 
  • Ambulante ärztliche Versorgung
  • Zahnmedizinische Versorgung mit kieferorthopädischer Behandlung und Zahnersatz
  • Stationäre Aufenthalte
  • Medikamente oder Heil- und Hilfsmittel

Kostenerstattung in der Gesetzlichen Krankenkasse: Nicht ohne Zusatzversicherung!

Wie oben bereits erwähnt, erstatten gesetzliche Krankenversicherungen nach dem Prinzip der Kostenerstattung nur den Betrag, der dem Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen entspricht. Bei Privatpatienten rechnen Ärzte jedoch deutlich höhere Honorare – im Schnitt mehr als doppelt so hohe Beträge – ab, die nach der Gebührenordnung für Ärzte (GÖA) geregelt sind. Hier können also immense Differenzen entstehen, die der Patient aus eigener Tasche zahlen müsste. Vor allem bei längerfristigen, chronischen oder schweren Erkrankungen ist das finanzielle Risiko für Selbstzahler hoch. Dementsprechend sollte man das Kostenerstattungsverfahren erst wählen, wenn man eine private Zusatzversicherung abgeschlossen hat, welche genau diese Erstattungslücken versichert.

Viele Versicherungsmakler werben für ihre privaten Zusatzversicherungen mit großartig klingenden Slogans wie „Vom Kassenpatient zum echten Privatpatient!“ oder „Genießen Sie alle Vorteile eines Privatpatienten!“. Dabei soll es sich um Kostenerstattungstarife handeln, die gesetzlich Versicherten alle Vorteile und privatärztlichen Leistungen einer Privaten Krankenversicherung bieten. Um es kurz zu machen: Um alle Vorteile eines „echten“ Privatpatienten zu erhalten, müsste man neben einer ambulanten Zusatzversicherung noch eine Zahnzusatzversicherung, eine stationäre Zusatzversicherung und eine private Krankentagegeldzusatzversicherung abschließen.

Die Kostenerstattungstarife der angepriesenen Zusatzversicherungen können das nicht vollumfänglich leisten. Schließt man aber all die genannten anderen Zusatzversicherungen ab, wird es für Normalverdiener kaum mehr bezahlbar. Verdient man über die Beitragsbemessungsgrenze hinaus, ist es in der Regel günstiger, sich direkt für den Wechsel in die Private Krankenversicherung zu entscheiden. (Gerne führen wir auch hier einen kostenlosen und unverbindlichen Vergleich durch.) Für Arbeitnehmer, deren Einkommen unter dieser Grenze liegt, ist es sinnvoll, bei der Kostenerstattung in der GKV nur die Leistungsbereiche zu wählen und über die Zusatzversicherung abzusichern, die einem als Patient auch echte Vorteile bieten. Zum Beispiel:

Im ambulanten Bereich ist das Kostenerstattungsprinzip absolut sinnvoll, da man damit schon bei allen routinemäßigen Arztbesuchen wie beim Hausarzt, beim Zahnarzt, beim Gynäkologen oder beim Augenarzt als Privatpatient behandelt wird. Darüber hinaus profitiert man bei der Wahl und Terminvergabe von Fachärzten (z.B. beim Orthopäden, Gastroenterologen, Neurologen usw.) sowie Therapiemöglichkeiten von allen Vorteilen eines Privatpatienten.

Welche Zusatzversicherung ist die beste für das Kostenerstattungsprinzip?

Die beste private Zusatzversicherung in Kombination mit dem Kostenerstattungsprinzip übernimmt immer zu 100% die Restkosten von dem, was die gesetzliche Krankenkasse nicht leistet. Der Tarif muss zu den Leistungsbereichen passen, welche man für die Kostenerstattung ausgewählt hat und genau diese Erstattungslücken versichern. Zum Beispiel – wie oben empfohlen – zu dem Bereich „Ambulante ärztliche Versorgung“.

Außerdem sollte bei der Wahl des Tarifes immer die eigene Gesundheitsgeschichte wie Vorerkrankungen, chronische Leiden und individuelle gesundheitliche Beschwerden berücksichtigt werden. Beispielsweise sind einige Menschen für bestimmte Erkrankungen anfälliger und benötigen dementsprechend in diesem Bereich eine umfangreichere Absicherung.

Aber auch persönliche Präferenzen spielen eine Rolle: Wer sich „auf der sicheren Seite“ wissen oder vorausschauend absichern möchte, wählt beispielsweise den Bereich der Medikamente oder Heilmittel (z.B. Physiotherapie, Ergotherapie etc.) dazu. Daher gibt es weder den pauschal besten Tarif noch den besten Anbieter. Welche die ideale Zusatzversicherung in Verbindung mit dem Kostenerstattungsprinzip ist, muss für jeden gesetzlich Versicherten individuell analysiert werden.

Wie funktioniert die Kostenerstattung in der GKV?

  1. Der Versicherte wird beim Arzt als Privatpatient behandelt mit den Vorzügen und Leistungserweiterungen.
  2. Behandlung und Medikation werden nach der Gebührenordnung für Ärzte (GÖA) abgerechnet.
  3. Der Arzt stellt dem Patienten nach der Behandlung eine private Rechnung aus.
  4. Der Patient reicht die Rechnungen bei seiner gesetzlichen Krankenkasse ein (in der Regel digital per App).
  5. Nach Prüfung erstattet die Krankenversicherung die Pauschale auf das Konto des Patienten – maximal bis zur Höhe der festgelegten Kassenleistungen.
  6. Der Versicherte bekommt die Rechnung mit einem Vermerk der GKV über die erfolgte Erstattung zurück.
  7. Die Rechnung wird vom Patienten an den privaten Zusatzversicherer weitergeleitet (in der Regel digital per App).
  8. Nach Prüfung erstattet die private Versicherung die restlichen Kosten auf das Konto des Versicherten.

Natürlich ist das Verfahren der Kostenerstattung für den Versicherten aufwendiger als beim Arztbesuch einfach nur die Chipkarte vorzuzeigen. Man ist selbst für die Bezahlung der Arztrechnungen verantwortlich sowie für die Abrechnung mit der Krankenkasse und der Zusatzversicherung. Als gesetzlich Versicherter verlässt man damit zwar ein wenig die bequeme Komfortzone, gewinnt allerdings die wichtigen Vorteile eines Privatpatienten. Dazu zählt insbesondere die optimale medizinische Versorgung der eigenen Gesundheit. Und davon haben wir schließlich nur eine.

Alle Vorteile des Kostenerstattungsprinzips auf einen Blick: 

  • Privatärztliche Behandlung inklusive Wahlleistungen ohne Budgeteinschränkung
  • Bestmögliche medizinische Versorgung
  • Kurze Wartezeiten, freie Arztwahl
  • Unkomplizierte Terminvergabe bei Spezialisten und Fachärzten
  • Freie Auswahl an Arznei- und Verbandsmittel ohne Budgetbeschränkung
  • Familienmitglieder können beitragsfrei mitversichert werden

Fazit: Die Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenkasse ermöglicht den Status „Privatpatient“

Als Privatpatient gelten und trotzdem gesetzlich versichert bleiben ist in unserem Gesundheitssystem mit der richtigen Zusatzversicherung durchaus möglich. Das Kostenerstattungsprinzip kann viele Vorteile mit sich bringen: Als Versicherter in der GKV profitiert man trotzdem von privatärztlichen Leistungen und somit von einer deutlich besseren medizinischen Versorgung. Doch das Verfahren der Kostenerstattung lohnt sich nicht für jeden Kassenpatienten in gleichem Maße. Ausschlaggebend ist, für welche Bereiche die Kostenerstattung gewählt wird. Anhand dessen können die Tarife der Zusatzversicherung verschiedener Gesellschaften verglichen werden. Der ideale Tarif ergibt sich aus einer Vielzahl von Faktoren wie aus der individuellen Gesundheitshistorie und persönlichen Präferenzen bei der Gesundheitsversorgung. 

Um zwischen all den Angeboten den passenden Anbieter zu finden, welcher bis ins hohe Alter die beste medizinische Versorgung bietet, empfehlen wir unbedingt eine unabhängige Beratung. Nur mit der richtigen Versicherungsgesellschaft und dem passenden Tarif bringt das Kostenerstattungsprinzip alle gewünschten Vorteile mit sich.