Pauschale Beihilfe in Niedersachsen: Warum die Nachteile überwiegen

Am 01. Februar 2024 wurde in Niedersachsen die pauschale Beihilfe für Beamte eingeführt. Viele Beihilfeberechtigte fragen sich nun zu Recht: Ist die pauschale Beihilfe sinnvoll? Hat es Vorteile, als Beamter in der gesetzlichen Krankenkasse zu bleiben? Oder ist die klassische Beihilfe in Verbindung mit der privaten Krankenversicherung die bessere Wahl? Was bei der pauschalen Beihilfe in Niedersachsen zu beachten ist und warum von Seiten der Länder zu wenig über die Nachteile aufgeklärt wird.

Die wichtigsten Infos zur Einführung der pauschalen Beihilfe in Niedersachsen

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Ab dem 01.02.2024 können Beamte des Landes Niedersachsen zwischen der individuellen Beihilfe (zusammen mit dem Beihilfetarif einer privaten Krankenversicherung) und der pauschalen Beihilfe wählen.
  • Die pauschale Beihilfe ist ein Zuschuss zur Krankenvollversicherung, der in der Regel in Verbindung mit einer gesetzlichen Krankenversicherung gewählt wird.
  • Landesbeamte in Niedersachsen sollten sich unbedingt vor der Entscheidung für eine Variante unabhängig beraten lassen, da die pauschale Beihilfe nicht immer Vorteile mit sich bringt.

Niedersachsen führt pauschale Beihilfe ein

Am 11. Dezember 2023 wurde das Gesetz zur Einführung der pauschalen Beihilfe in Niedersachsen beschlossen. Mit dieser Gesetzesänderung haben nun Beamte, Versorgungsempfänger und Richter seit dem 1. Februar 2024 das Wahlrecht: Sie können zwischen der individuellen Beihilfe in Verbindung mit einem Beihilfetarif einer privaten Krankenversicherung (Restkostenversicherung) und der pauschalen Beihilfe wählen. Bei der pauschalen Beihilfe handelt es sich um einen monatlichen Zuschuss des Dienstherren zur freiwillig gesetzlichen Krankenkasse (GKV) oder zu einer privaten Krankenvollversicherung.

Wie hoch ist die pauschale Beihilfe in Niedersachsen?

Die Höhe der pauschalen Beihilfe beträgt in Niedersachsen, wie in den anderen Bundesländern, 50 Prozent der Kosten für die Beiträge in der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung. Nicht jedoch zur Pflegeversicherung. Die Beitragshöhe richtet sich nach dem allgemein geltenden Beitragssatz und dem kassenindividuellen Zusatzbeitrag. In der privaten Krankenvollversicherung beträgt die Höhe der pauschalen Beihilfe höchstens 50 Prozent der Kosten für eine im Basistarif versicherte Person. Versicherte Leistungen, die über diesen Basistarif hinausgehen wie Ergänzungs- oder Zusatztarife, Krankengeld, Krankenhaustagegeld etc. werden bei der Berechnung nicht miteinbezogen. Daher wird die pauschale Beihilfe in der Regel nur in Verbindung mit der gesetzlichen Krankenversicherung gewählt.

Pauschale Beihilfe in Niedersachsen: Vorteile und Nachteile

Niedersachsen ist nun das 9. Bundesland, welches die pauschale Beihilfe als Alternative zur klassischen, individuellen Beihilfe für Beamte eingeführt hat. Daher würden wir uns an dieser Stelle wiederholen, würden wir das Prinzip der pauschalen Beihilfe sowie die Vor- und Nachteile von gesetzlicher und privater Krankenversicherung im Detail erklären. Eine ausführliche Erklärung der neuen Beihilfe-Variante gibt es hier: Pauschale Beihilfe für Beamte: Die wichtigsten Infos und die wichtigsten Pro und Contras für das ein oder andere Modell der Krankenversicherung für Beamte im großen Blogbeitrag zum Thema: PKV oder GKV: Sollten Beamte sich privat oder gesetzlich versichern?

Klickt man sich durch die offiziellen Seiten des Niedersächsischen Landesamtes für Bezüge und Versorgung, findet man nichts zu den Vor- und Nachteilen der pauschalen Beihilfe. Dagegen stolpert man über Hinweise wie: „Diese Ausführungen dienen der allgemeinen Information und begründen keine Rechtsansprüche. Eine Beratung in steuer- und versicherungsrechtlichen Fragen erfolgt nicht. …Auskünfte hierzu geben beispielsweise Krankenversicherungsunternehmen, Versicherungsmakler oder unabhängige Beratungsstellen.“ Und der wohl wichtigste Punkt: „Diese können dabei auch die für diese Entscheidung maßgeblichen derzeitigen und beabsichtigten zukünftigen Lebensumstände berücksichtigen und Ihnen einen entsprechend angepassten Versicherungsschutz anbieten.

In Anbetracht dieser wichtigen Lebensentscheidung – die im Falle der pauschalen Beihilfe nicht rückgängig gemacht werden kann (siehe Nachteile) – legen wir wirklich jedem Beamten und Beamtenanwärter in Niedersachsen eine professionelle Beratung und Kostengegenüberstellung durch einen unabhängigen Versicherungsexperten ans Herz. Der kostenlose Service von Beamtenservice.de steht natürlich allen Staatsbediensteten bundesweit zur Verfügung.

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Nachteile der pauschalen Beihilfe in Niedersachsen

  • Die Entscheidung für die pauschale Beihilfe ist unwiderruflich
    Entscheidet sich ein Beamter des Landes Niedersachsen einmal für die pauschale Beihilfe, verfällt der Anspruch auf eine individuelle Beihilfe lebenslang – unabhängig davon, ob sich die Lebenssituation z.B. durch Heirat oder Kinder ändert. Ausnahme:
  • Bei Umzug oder Versetzung in ein Bundesland ohne pauschale Beihilfe entfällt der Zuschuss
    Wechseln Beihilfeberechtigte aus Niedersachen in den Dienst eines anderen Bundeslandes ohne pauschale Beihilfe oder in den des Bundes, entfällt der Anspruch auf pauschale Beihilfe. Beamte müssten in diesem Fall 100 Prozent ihrer vollen Krankenkassenbeiträge selbst zahlen. Bei Versetzung in ein Bundesland ohne pauschale Beihilfe macht das Gesetz zwar eine Ausnahme und ermöglicht die Rückkehr in die individuelle Beihilfe. Bei vorangeschrittenem Eintrittsalter oder Vorerkrankungen drohen dann jedoch hohe Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse.
  • Keine Erhöhung der pauschalen Beihilfe bei Familienzuwachs
    Entscheidet sich ein Landesbeamter in Niedersachsen für die klassische Variante, also die individuelle Beihilfe, steigt der Beihilfesatz mit dem zweiten Kind auf 70 Prozent. Bedeutet im Umkehrschluss: Der Versicherte muss nur noch 30 Prozent seiner privaten Restkosten-Krankenversicherung zahlen. Ehepartner von Beamten in Niedersachsen haben ebenfalls Anspruch auf eine Beihilfe in Höhe von 70 Prozent, unabhängig davon, ob Kinder vorhanden sind. Dessen Kinder erhalten mit 80 Prozent die höchste Beihilfe.
  • Keine Erhöhung der pauschalen Beihilfe im Ruhestand 
    Bei dem Modell der individuellen Beihilfe plus privatem Restkostentarif einer PKV sinken die Kosten im Alter: Für beihilfeberechtigte Pensionäre des Landes Niedersachsen steigt der Beihilfebemessungssatz mit Eintritt in den Ruhestand von 50 auf 70 Prozent. Folglich ist nur noch eine Restkostenversicherung von 30 Prozent notwendig. Im Gegensatz dazu bleibt der Zuschuss der pauschalen Beihilfe auch bei pensionierten Beamten bei 50 Prozent. Hinzu kommt bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse Versicherten, dass die Höhe der Beiträge auf Basis aller Einnahmen berechnet wird. Bedeutet, neben der Pension werden alle Kapitalerträge, Zinsen und Mieteinnahmen als Grundlage für die Berechnung der monatlichen Beiträge genommen.
  • Hohe Beiträge in der GKV, minderwertige medizinische Leistungen, hohe Zuzahlungen
    Die Beamtentarife einer PKV in Kombination mit der individuellen Beihilfe werden auf die Lebenssituation und den persönlichen Bedarf angepasst. Während eine private Krankenversicherung Leistungen nach einem qualitativ hohen medizinischen Standard erstattet, bekommen gesetzlich Versicherte gerade einmal die „nötigste“ medizinische Versorgung. Denn der Grundsatz der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland bezogen auf die Leistungen, die sie erbringen, ist das sogenannte Wirtschaftlichkeitsgebot. Dies ist im Sozialgesetzbuch (SGB V) festgelegt und besagt, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen (§ 12 SGB V). Der Grundsatz soll sicherstellen, dass die Ressourcen der gesetzlichen Krankenversicherung effizient genutzt werden, um eine flächendeckende und gerechte Gesundheitsversorgung für alle Versicherten zu gewährleisten.

    Die Kernelemente dieses Grundsatzes sind:

    – Ausreichend: Die Leistungen müssen den Versicherten den notwendigen medizinischen Nutzen bieten, um ihre Gesundheit wiederherzustellen, zu erhalten oder zu verbessern.

    – Zweckmäßig: Die Leistungen sollen für den jeweiligen Gesundheitszustand der Versicherten geeignet und auf den angestrebten Zweck abgestimmt sein.

    – Wirtschaftlich: Die Leistungen müssen kostengünstig sein, ohne dabei die Qualität zu vernachlässigen. Das bedeutet, dass unnötige oder überteuerte Behandlungen vermieden werden sollen.

    – Maß des Notwendigen: Leistungen dürfen das Notwendige nicht überschreiten, was bedeutet, dass alles Überflüssige oder Luxuriöse nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird.

Hinzu kommt, dass Kassenleistungen regelmäßig gekürzt werden, wer mehr und besser versorgt werden will, muss selbst zahlen oder Zusatzversicherungen abschließen. 

  • Beiträge in der GKV sind einkommensabhängig
    Da die Höhe der Beträge in der gesetzlichen Krankenkasse einkommensabhängig sind, müssen gutverdienende Beamte deutlich mehr zahlen als für einen individuell zusammengestellten Restkostentarif der privaten Krankenversicherung. In der PKV sind die Beiträge dagegen nicht vom Einkommen abhängig, sondern von den gewählten Leistungen, dem Einstiegsalter und dem Gesundheitszustand bei Vertragsabschluss.  

Für wen hat die pauschale Beihilfe Vorteile? 

Im Umkehrschluss bringt die pauschale Beihilfe in Verbindung mit der gesetzlichen Krankenversicherung für die meisten (angehenden) Landesbeamten in Niedersachsen keine echten Vorteile mit sich. Ausnahmen können Beamte mit einer niedrigen Besoldung, langfristigen Teilzeitstellen oder kinderreichen Familien sein. Auch bei einer Verbeamtung in höherem Lebensalter oder mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Vorerkrankungen kann die gesetzliche Krankenkasse die günstigere Wahl sein, wenn man in der PKV mit Risikozuschlägen zu rechnen hat. In jedem Fall würden wir vor der Entscheidung einen unabhängigen Versicherungsvergleich empfehlen und eine sorgfältige Gegenüberstellung der lebenslangen Beitragskosten. 

Fazit: Ist die Pauschale Beihilfe für Beamte in Niedersachsen sinnvoll? 

Kurz zusammengefasst ist die pauschale Beihilfe für niedersächsische Beamte nicht die beste Wahl. Dass die Vorteile der klassischen Variante klar auf der Hand liegen, zeigt sich darin, dass selbst in Hamburg – dem ersten Bundesland mit pauschaler Beihilfe – die große Mehrheit der Beamten sich nach wie vor für die individuelle Beihilfe mit Restkostenversicherung bei einer PKV entscheidet. In Ausnahmefällen können Beihilfeberechtigte in der gesetzlichen Krankenversicherung besser aufgehoben sein. Hier gilt es allerdings immer den Einzelfall zu prüfen.