Falsche Diagnose vom Arzt – die fatalen Folgen für Ihren Versicherungsschutz

Dass falsche Diagnosen von Ärzten Behandlungsfehler und falsche Therapien nach sich ziehen, liegt auf der Hand. Doch Falschdiagnosen sind nicht nur eine Gefahr für Ihre Gesundheit, sondern auch ein enormes Risiko für Ihre private Absicherung.

Warum es sich lohnt, Diagnosen vom Arzt anzuzweifeln und sich eine zweite Meinung einzuholen.

Falschdiagnosen: Jeder 5. Patient betroffen

Die Theorie, dass die Meinung der Halbgötter in Weiß unantastbar ist, hat sich schon lange verflüchtigt. Viele Patienten fragen sich (zu Recht), wie Ärzte in manchmal nur wenigen Minuten eindeutige Diagnosen stellen können. Studien (wie die der Mayo Clinic aus den USA) konnten bestätigen, dass nur ein geringer Anteil der Erstdiagnosen mit denen aus einer zweiten Untersuchung übereinstimmt. Bei jedem fünften Patienten soll die ärztliche Diagnose sogar komplett daneben liegen. Erschreckende Zahlen – jedoch nicht realitätsfern.

Falsche Diagnose – Versehen oder Absicht?

Natürlich haben auch Ärzte kein leichtes Spiel bei zigtausend möglichen Krankheiten. Bei vielen Erkrankungen sind die Symptome fast identisch oder aber fallen bei verschiedenen Personen ganz unterschiedlich aus – man denke nur an Corona … Dass jeder Arzt mit seiner ersten Diagnose gleich ins Schwarze trifft, ist eher unwahrscheinlich. Und das ist leider menschlich. Doch in einigen Fällen entstehen falsche Diagnosen mit Vorsatz. Der Grund: Ein System, das falsche Anreize für Krankenkassen und Ärzte gibt.

Krankenkassen profitieren von falschen Diagnosen

Willkommen beim großen Krankenkassen-Wettbewerb: Wer die gebrechlichsten Patienten hat, gewinnt. Und das ist kein Scherz. Schon mal was von Risikostrukturausgleich gehört? Dieser soll Krankenkassen entlasten, bei denen mehr alte und kranke Menschen versichert sind, als bei anderen. Diese sind durch ihren Kundestamm und die hohen Kosten grundsätzlich benachteiligt. Dieser Nachteil soll durch Finanzspritzen aus einem Gesundheitsfond ausgeglichen werden. Kurz: Je höher ihr Anteil an Patienten mit schweren Krankheiten, desto mehr Ausgleichzahlungen bekommt die Krankenkasse aus dem großen Topf der gesetzlichen Krankenversicherungen.

So berichten Ärzte nicht selten, dass sie von Mitarbeitern der Krankenkassen darum gebeten werden, bei den Diagnosen ihrer Patienten die Codierung „ein wenig anzupassen“. Auf Deutsch: Die Krankheitsbilder etwas zu dramatisieren. Denn zu den geldbringenden gehören laut einer Liste 80 kostenintensive, chronische und schwerwiegende Krankheiten, zum Beispiel Depressionen, Asthma oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Und deren Ausmaß ist anscheinend reine Interpretationssache …

Prämien für begehrte Diagnosen

Darüber hinaus werden Ärzte von den Krankenkassen mit zusätzlichen Prämien pro Patient dazu motiviert, bestimmte Diagnosen abzurechnen. Je kränker der Patient, desto höher ist auch das Entgelt des Arztes. Aufs Quartal oder Jahr gerechnet, lohnt es sich also auch für Ärzte, wenn sie die „begehrten“ Krankheitsbilder häufiger und über einen längeren Zeitraum diagnostizieren. So tauchen oft einmalige Beschwerden in den Krankenakten regelmäßig und über viele Jahre hinweg als „Phantombehandlungen“ auf.

Alles in allem werden Patienten also auf dem Papier viel zu häufig kränker gemacht, als sie sind. Krankenkassen (und Ärzte) profitieren. Doch die Folgen für die Gesundheit der Patienten und für ihren lebenslangen Versicherungsschutz sind fatal.

Falsche Diagnose: Bye, bye, Versicherungsschutz

Nutzen Ärzte ihren „Interpretationsspielraum“ und machen aus einem Stimmungstief eine Depression oder aus einer einfachen Bronchitis eine chronische, kann diese Diagnose Sie in Zukunft Ihren Versicherungsschutz kosten. Denn ist die Falschdiagnose einmal in Ihrer Krankenakte eingetragen, bleibt sie dort auch bestehen. So kann sie bei jedem Versicherungswechsel relevant werden oder bei zukünftig abzurechnenden Arztrechnungen. So kann es passieren – und das ist es leider schon häufig – dass Sie als gesunder Mensch aufgrund eingetragener Vorerkrankungen aus Ihrer Krankenakte abgelehnt werden. Oder schlimmer: Ihre Versicherung verweigert im Leistungsfall die Zahlung, weil Ihre Angaben nicht mit denen in Ihrer Krankenakte übereinstimmen.

Krankenakte auf Falschdiagnosen prüfen

Beabsichtigen Sie den Wechsel in die private Krankenversicherung oder wollen Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, lohnt es sich, einen prüfenden Blick in Ihre Krankenakte zu werfen. Stolpern Sie tatsächlich über Diagnosen, die Sie sich nicht erklären können oder die nicht der Realität entsprechen, suchen Sie das Gespräch mit dem behandelnden Arzt. Dieser kann Sie aufklären oder im Zweifel bereits gestellte Diagnosen überarbeiten und korrigieren.

Falsche Diagnose: So entlarven Sie den Code

Halten Sie Ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Krankenkasse in der Hand, können Sie mit großer Sicherheit nur rätseln, was ihr Arzt nun genau diagnostiziert hat. Denn Diagnosen müssen mit dem sogenannten ICD-Diagnoseschlüssel kodiert werden. In allen Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist der ICD Standard für die Diagnose von Krankheiten. Über diesen wird mit den Krankenkassen abgerechnet. Leider liegen gerade in dieser Kodierung auch die Fallstricke für Falschdiagnosen.

Der Diagnoseschlüssel besteht aus einem Buchstaben und einer Zahlenkombination. Der Buchstabe steht für ein „Kapitel“, das die Krankheitsbilder eines großen Krankheitskomplexes zusammenfasst. Zum Beispiel steht „H“ für Erkrankungen der Ohren und Augen oder „J“ für Atemwegserkrankungen. Die Zahlen stehen für eine Untergruppe. Bereits ein kleiner Zahlendreher kann eine einfache Entzündung in eine chronische Krankheit verwandeln. Zusätzlich können Ärzte diese Codierung um weitere Buchstaben ergänzen, die nicht zum offiziellen ICD-Schlüssel gehören. Zum Beispiel mit „V“ für Verdacht oder mit „G“ für gesicherte Diagnose. Ein einfaches Tool, um Ihre Diagnose zu entschlüsseln finden Sie auf www.ice-code.de

Doppelt absichern: Die zweite Meinung

Wir sichern uns in so vielen Lebenslagen und Situationen doppelt ab, oder nicht? Legen uns eine zweite Festplatte zu, machen Sicherungskopien, engagieren einen Gutachter. Ja selbst bei einer anstehenden Autoreparatur holen wir uns öfter eine zweite Meinung von einer unabhängigen Werkstatt ab, als bei unserem eigenen Körper. Wenn wir uns die Mühe machen, dann meist nur bei größeren OPs, langwierigen Therapien oder obskuren Medikamenten. Oder wir fragen Dr. Google nach seiner Meinung.

Doch auch bei scheinbar „üblichen“ Volkskrankheiten wie Rückenschmerzen, Migräne oder chronischen Erkrankungen lohnt sich der Aufwand doppelt, eine weitere Meinung von einem anderen Facharzt einzuholen. Falschdiagnosen ziehen einen langen Rattenschwanz an Kosten, gesundheitlichen Folgeschäden und möglichen Zahlungsverweigerungen Ihrer privaten Krankenkasse nach sich. All das steht in keinem Verhältnis zu einem zweiten Arztbesuch.

Unser Rat: Zweifeln Sie nicht grundlegend an der Kompetenz Ihres Arztes, aber kontrollieren Sie die Diagnosen. So wie Ihren Kassenbon nach dem Einkaufen. Jedem kann mal ein Fehler passieren. Doch eine falsche Diagnose kann Sie auch nach vielen Jahren noch teurer zu stehen kommen. Spätestens im Leistungsfall erhalten Sie die Quittung.